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An die 21-jährige aus Hamburg

Also, vorweggenommen: Ich möchte Dich mit meinem Beitrag nicht angreifen, ich versuche nur, meine Meinung sachlich zu vertreten. Erstens möchte ich Dir sagen, dass Du niemandem Ratschläge erteilen kannst, wie er/sie mit einem/einer Heroinsüchtigen umzugehen hat. Du hast vielleicht viel mit Deinem Freund durchgemacht, hast seine Verhaltensänderung bemerkt und Dir ein Bild davon gemacht, was in ihm vorgeht. Trotzdem hast Du die Droge selber nie probiert. Jeder Mensch ist anders, also kann man nicht vorab sagen: So musst Du mit einem Heroinsüchtigen umgehen, so und nicht anders. Ich halte es für eine der schlechtesten Möglichkeiten, seinen Freund zu verlassen. Damit macht man es sich selbst sehr, sehr einfach. Klar tut es weh mitanzusehen wie sich jemand kaputtmacht den man liebt. Aber man sollte sich vor Augen führen, dass man gerade in einer Beziehung wohl die einzige Person ist, die diesen Menschen noch retten kann. Ich habe hier am 25.03. einen Beitrag geschrieben. Lies ihn bitte mal. Dazu muss ich sagen: Inzwischen spritze ich es mir und bin sehr nahe an der Grenze zur vollkommenen Sucht. Ich wünsche mir wirklich nichts mehr, als einen Menschen, der mir hilft. Auch wenn die Droge meine Gefühle ausschaltet, habe ich immer noch einen Verstand. Und mein Verstand sagt mir, dass ich lieber echte Glücksgefühle haben will als von einer Droge vorgetäuschte. Ich habe viel in meinem Leben durchgemacht; klar bin nur ich alleine schuld daran, dass ich jemals Drogen genommen habe, aber es gibt Sachen im Leben die man als extrem sensibler Mensch einfach nicht mehr nüchtern verarbeiten kann ohne dabei wahnsinnig zu werden. In meinem Fall, dass ich die Liebe meines Lebens verloren habe und mich das nach eineinhalb Jahren immer noch so mitnimmt, wie an dem Tag als Schluss war und noch viele andere Umstände dazu beitragen, dass ich die Realität nicht ertrage. Weißt Du, für mich ist alleine der Satz "Heroin ist geiler als Sex" ein Beweis dafür, dass man schon vor dem Einnehmen der Droge gefühlstaub war. Sonst würde der Satz lauten: "Die Gefühle bei der Einnahme von Heroin kommen zwar einem Orgasmus nahe, können aber niemals die erotische Romantik ersetzen". Ich persönlich will unbedingt mit der Droge aufhören, brauche dafür aber eine Ersatzdroge. Die einzige Droge, die mir Heroin ersetzt ist eine Beziehung. Ich war noch nie in meinem ganzen Leben so glücklich, zufrieden und ausgeglichen wie zu der Zeit, als ich noch meine Freundin hatte. Sie war die Einzige von vielen, die mir alles gegeben hat: Stärke, Selbstbewusstsein, Glück und Sex gegen den Heroin hoch zehn keine Chance hat. Jetzt bin ich abhängig oder zumindest sehr nahe dran, total abhängig zu werden. Aber wenn auch mein Restverstand das Einzige ist, was mir geblieben ist, kann ich dir schwören, wenn ich diese Person zurückhaben könnte oder noch einmal in meinem Leben zu so einer glücklichen Beziehung kommen würde - ich würde das Zeug aus dem Fenster werfen. Turkey? Kein Problem. Dann geht es mir halt eine Woche zum Verrecken dreckig, aber danach würde ich das Zeug nicht mehr vermissen - wenn ich einfach nur eine zärtliche, schöne Frau habe, die mir mehr wert ist als alle Drogen und alles Geld der ganzen Welt. Aber um nach meiner ewigen Ausschweifung zum eigentlichen Thema zurückzukehren: Scher nicht alle über einen Kamm. Dass man ein Junkie ist, macht einen nicht zu einem schlechten Menschen. Es steht völlig außer Frage, dass einen die Droge verändert. Wie sie einen verändert, ist meiner Meinung nach durch den Charakter des jeweiligen Menschen vorbestimmt. Die gravierendste Veränderung ist die totale Lähmung des Willens. Wie man subjektiv damit umgeht, macht die eigentliche Veränderung aus. Als Beispiel wenn man geizig ist, niemandem was von seinem Stoff abgibt und nicht im Traum daran denkt, auch nur fünfzig Cent seines Geldes abzugeben und andere Leute anschnorrt, damit man sich wieder was besorgen kann. Wenn man aggressiv wird, wenn diese Leute einem kein Geld geben wollen. Alles "typische" Eigenschaften eines Junkies. Allerdings würde ich niemanden anschnorren, aggressiv bin ich sowieso nicht, da ich selbst schuld daran bin, wenn ich Geld brauche und keins habe und wenn mich jemand um Geld bittet oder was von meinem Zeug abhaben möchte, gebe ich ihm das gerne. Weil ich weiß, dass es keinen Unterschied macht, ob es mir zwei oder drei Tage reicht. Wenn nichts mehr da ist, finde ich mich damit ab und fresse alles in mich hinein. Ich bin unglücklich genug und möchte nicht auch noch darunter leiden, dass ich völlig unbegründet meine Launen an anderen Menschen auslasse. Ich bin sicher, es gibt noch viele andere Menschen, denen es so geht wie mir und die einfach keine Chance bekommen. Natürlich kann man einen Junkie grob einstufen: Egoistisch, gefühlskalt und vielleicht aggressiv. Genauso kannst du ein Auto grob einstufen: Groß, lackiert, vier Räder. Könnte allerdings genauso ein alter Opel sein wie ein Rolls Royce. Deinem Text ist eindeutig Verzweiflung zu entnehmen. Aber auch der "typische" Junkie ist noch ein Mensch und nur durch die Droge vorübergehend ein Arschloch. Alles, was ich Dir mit diesem ellenlangen Text sagen wollte ist eigentlich: Hättest Du die richtige Art gefunden, Zugang zu Deinem Freund zu finden, hättest Du jetzt vielleicht eine Beziehung mit einem Menschen der Dich über alles liebt. Mehr als sich selbst, aus Dankbarkeit dass Du ihn aus diesem Loch geholt hast und durch Deine Liebe zu ihm gestanden hast, auch wenn es Dich selbst fast den Verstand gekostet hat. Wenn jemand so etwas erkennt - das ist ein Beweis für wahrhaftige Liebe. Und aus Dankbarkeit wird diese dann sozusagen automatisch erwidert. Aber glaube mir wenigstens eins - oder gesteh es Dir selbst ein; Distanz ist ein reiner Versuch von Selbstschutz, helfen tut man damit niemanden, im Endeffekt noch nicht einmal WIRKLICH sich selbst. Schöne Grüße und ich hoffe, dass Du wenigstens ein bisschen ohne Vorurteile über mein "Geschwafel" hier nachdenkst.

Substanzen

  • Heroin

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