ein Experiment
Dieser Artikel ist zu 100% autobiographisch, nichts ist übertrieben, nichts verharmlost. An meinem 25. Geburtstag habe ich mich von einem Bekannten überreden lassen, Kokain intravenös zu spritzen. Ich habe vorher Koks nasal genommen, auch Freebase habe ich geraucht, habe immer schon gerne gekokst und fand jahrelang nichts dabei, tolles Zeug, super Party, super Sex. Mir war nicht klar warum dieses Zeug illegal ist, hat doch nur positive Wirkung. Jedenfalls hat der erste intravenöse Konsum mein Leben schlagartig und nachhaltig verändert. Als Psychologiestudent war ich immer davon überzeugt alles über Drogen und Abhängigkeit zu wissen, den intravenösen Gebrauch als "Experiment" zu deklarieren. Ich will zuerst kurz den "positiven Effekt" des intravenösen Kokainkonsums zu schildern, der Grund warum ich so massiv abhängig wurde. Erstens tritt die Wirkung unglaublich schnell ein: Hat man die Vene getroffen, zieht man die Spritze zurück und sieht das Blut weiß man jetzt dauert es noch 2 Sekunden und meinen Körper durchströmt das unglaublichste Gefühl. Man riecht, schmeckt und fühlt das Kokain mit seinem perversen Geschmack in seinem ganzen Körper. Ein "pharmakologischer Orgasmus" wäre wohl der treffenste Ausdruck für diesen massiven Kick, den das Kokain beschehrt. Ich zittere am ganzen Körper, wenn ich nur daran denke.... Ok. Man stelle sich vor: Einmal ausprobiert, relativ niedrig dosiert wurde ich neugierig. Ich besorgte mir 7! Gramm reines Kokain, fuhr in die Apotheke, holte mir Einwegspritzen, versperrte meine Tür und startete das Experiment, alleine. Die ersten paar mal (man muss bedenken. dass ich zuvor nie etwas mit Spritzen oder Heroin zu tun hatte) war ich sehr vorsichtig mit der Menge (ca 100mg pro Hit). Ich steigerte aber von mal zu mal (ca alle 30 Minuten) die Dosis. Das phantastische Gefühl schwenkte von multiplen Orgasmen langsam aber stetig in Richtung Angst und Paranoia. Nach ca 36 Stunden alleine mit Prinzessin Koka und mir hatte ich solche Angst zu sterben, dass ich selber den Notarzt anrief. Meine Arme wiesen unzählige Einstiche auf und ich wurde im Krankenhaus anbulant toxikologisch und psychiatrisch behandelt. Ich kannte vorher kein Suchtproblem, aber nach 36 Stunden extremsten Kokainmissbrauchs hat sich die Droge so massiv in mein Gedächnis eingeprägt dass von diesem Zeitpunkt an sich mein Leben so stark veränderte, wie ich es vorher nie für möglich gehalten hätte. Mein Denken kreiste nach diesem "Selbstexperiment" nur mehr um diese Droge bzw nur mehr um den intravenösen Konsum. Hat mich jemand auf eine "Nase" eingeladen, habe ich sie weggepackt, bin sofort nach Hause gefahren um es mir zu spritzen. Ich wollte anfangen zu dealen, habe aber nie was verkauft, denn sobalt ich den Stoff in den Händen hielt, legte sich in mir ein Schalter um und ich bin auf dem schnellsten Weg heim, Türe zu, Vorhänge zu, Löffel raus... Ich glaube die grösste Menge, die ich jemals in einem "Set" verbraucht habe liegt bei 50!! Gramm. Vier Tage und Nächte durchgehend, alleine, hunderte Einstichstellen und unbeschreibliche psychotische Zustände waren die Folge. Auf die psychotischen Zustände möchte ich näher eingehen: Wie gesagt, der anfängliche Megakick, der so süchtig macht ist bald vorbei, man ist die ganze Zeit nur auf der Suche nach diesem anfänglichen Gefühl. Man erhöht die Dosis, aber kein Orgasmus stellt sich ein, die Paranoia schleicht sich heran. Aus psychopathologischer Sicht ist die Kokainintoxikation sehr gut mit einer ausgewachsenen Schizophrenie zu vergleichen. Man hört Stimmen, laut und imperativ und steigert sich mit der Zeit (man stelle sich vor: 4 Tage und Nächte, allein in einer Wohnung)in ein regelrechtes Wahngebäude. Z.B habe ich alle Steckdosen herausgeschraubt und auf Kameras durchsucht, alle Elektrogeräte aufgemacht, nach Wanzen durchsucht, stundenlang und regungslos vor dem Türspion verbracht, in der festen Überzeugung die Wohnungstür sei umstellt, von der Polizei oder der Mafia oder sonst wen.... Hätte ich zu dieser Zeit eine Waffe gehabt, hätte ich hundertprozentig jemanden oder mich erschossen, vor lauter Angst. Es geht einem so dreckig, man ist geisteskrank, aber man hört nicht auf, bis es alle ist, egal wieviel man hat. Ist es alle, geht die Sucherei los: Irgendwo muss ich doch noch was haben?? Ich habe Fliessen abmontiert, Parkettböden aufgestemmt, Polster und Bettlaken aufgerissen, in der festen Überzeugung irgendwo noch was zu finden. Ich bin sprichwörtlich am Boden herumgekrochen und habe Dreck gefressen, alles was weiß war habe ich mir ind den Mund gesteckt, Kalkreste, Salz, was halt am Boden so rumliegt. Nach diesen Exzessen schläft man dann irgendwann ein, meistens mit Hilfe von Unmengen an hochprozentigem Alkohol. Nach 20 Stunden Schlaf erwacht man mit der schrecklichsten Depression, die man sich (nicht) vorstellen kann. Suizidgedanken durchströmen das Gehirn, gepaart mit Selbstvorwürfen und Selbsthass, nichts macht mehr Sinn, alles Schöne was das Leben zu bieten hat, erscheint völlig sinnlos. Ein schöner sonniger Tag ist eine Zumutung, eine Qual, wenn doch wieder Nacht wär... Ich war dabei beruflich erfolgreich zu werden, was mir das Kokain grundlegend vereitelte: Zu unzähligen Terminen einfach nicht erschienen, zu high um sie überhaupt abzusagen, immer versuchen es zu vertuschen, im Sommer Pullover tragen, damit man die Einstiche nicht sieht, Freunde vernachlässigen, sie sogar zu bestehlen, hundertausend Ausreden und Geschichten erfinden um an Geld zu kommen, die Miete nicht bezahlen zu können, obwohl ich immer gearbeitet und nicht schlecht verdient habe, dies sind nur ein paar Beispiele, wie das Kokain auch das Soziale stark in Mitleidenschaft zieht. Alles in Allem schätze ich daß ich in den letzten 7 Jahren ca. 300.000 Euro in die Venen gespritzt habe. Mein Erbe, meine Ersparnisse, meine Beziehungen alles ging vor die Hunde. Dreimal (!)hat mich meine Freundin mit Schaum vor dem Mund gefunden und mir wahrscheinlich das Leben gerettet, indem sie sofort den Notarzt verständigte. Das muss für sie noch schlimmer gewesen sein, denn ich bekam davon nichts mit. Ich muss auch über eine auserordentlich robuste Konstitution verfügen, denn ich lebe noch und bin (Gott sei Dank)körperlich gesund. Kein HIV, keine Hepatitis, denn ich habs immer alleine gemacht. Ein Abszess und eine Venenenzündung habe ich davongetragen, was lächerlich ist, bei den selbstzerstörerischen Exzessen, die ich hinter mir habe. Zwei ambulante Therapien habe ich inzwischen auch hinter mir, die mehr oder weniger erfolgreich verliefen, Rückfälle habe ich immer noch. Manchmal ist es als würde ein böser Geist (der Kokainteufel) von mir Besitz ergreifen und ich wandere dann wie eine Marionette zum Dealer, im vollen Bewußtsein was es wieder für Folgen haben wird, wie kurz der Rausch und wie lange das Leid sein wird, und trotzdem tu ichs immer wieder.(Hier passt übrigens der Text von Metallicas "Master of Puppets" dazu, wie die Faust aufs Auge.) Ich bin mir auch bewußt, daß es keine Heilung gibt, daß ich mein Leben lang Kokainist sein werde; im Optimalfall ein abstinenter aber trotzdem ein Kokainist, ein Leben lang. Auch wenn ich monatelange abstinente Phasen habe, träume ich vom Kokain, immer wieder, wache schweißgebadet auf, den perversen Koksgeschmack auf der Zunge, zittere und weine und kämpfe gegen den bösen Geist, aber weil ich so gerne lebe und das Leben so viel zu bieten hat, gebe ich nicht auf und kämpfe. Ich hätte alles verwettet, daß mir so etwas nie passieren könnte: Ich komme aus gutem Haus, liebevolle Erziehung, gute Schulbildung, alles was man sich nur wünschen könnte und bin trotzdem dabei mich systematisch und langsam zu zerstören.... Na, Lust auf Kokain bekommen? Never ever think about trying this diabolic shit, stay clean, stay happy!! In diesem Sinne...
Substanzen
- Kokain
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