an Maxim (17, Nürnberg), 30 J. Stuttgart, 20 J. Berlin u. "Christiane F."
An die Herren: Danke, dass ihr mir schreibt, leider war ich in letzter Zeit verhindert zurückzuschreiben. Ich schreibe mal allen in einem Rutsch, wenns Recht ist.
30 J. Stuttgart: Hallo, mein letzter Erfahrungsbericht liegt eine Weile zurück und in der Zwischenzeit gibt es nicht viel zu berichten. Ein paar mal hab ich was gezogen, gedrückt habe ich seit Monaten nicht mehr. Nehme nur noch selten H und das funktioniert ganz gut. Ja, es ist ziemlich billig, das Geld zu besorgen ist kein Problem, auch ohne Kriminalität und Prostitution. Und da ich durch den seltenen Gebrauch wieder auf meiner Anfangsdosis bin, reichts mir gleich für 2-3 Mal. Mir geht es eigentlich ziemlich gut, ich habe auch kein Verlangen nach dem Zeug. Wenn mir mal danach ist und ich nichts Wichtigeres zu tun hab, nehm ich halt was. Ich könnte es auch ganz lassen, weiß eigentlich gar nicht, warum ich noch was nehme. Als ich nachdachte, habe ich festgestellt, dass es bei allen Drogen, die mir gefallen haben, so war: Zuerst nahm ich sie jeden Tag, in jeder noch so unangemessenen Situation, in großen Mengen, dann nervte mich der Dauerrausch und es wurde Gelegenheitskonsum draus. Ich glaube auch nicht, dass sich noch was dran ändert. So bin ich halt, erst haltloser Exzess, dann verliere ich allmählich das Interesse. Wahrscheinlich mach ich mir nochmal einen Druck und dann ist gut mit H, hab einfach Besseres zu tun. Möglich, dass ich irgendwann einen zweiten Anlauf damit nehme, wenn ichs in Ruhe genießen kann und hoffentlich gehts dann nicht schief. Die Option halte ich mir offen, wie auch immer, aber jetzt hängt mir das ganze Drumherum (Lügen, Streit) zum Hals raus. Schätze, die ganze große Kunst ist einfach zu wissen, wo man aufhören muss und ich glaube, dieser Zeitpunkt ist für mich gekommen.
20 J. Berlin: Im Wesentlichen s. o. (entschuldige, aber niemand will Wiederholungen, oder?), aber an dich richte ich noch die Bitte, mich nicht in eine Reihe mit Schubladendenkern und Meinungsmachern zu stellen. Was ich beschrieben habe, ist nur das, was ich sehe. Gedanken lesen kann ich leider/zum Glück nicht, ich weiß nicht, was meine Mitmenschen denken. Ich weiß, was sie sagen und was sie tun. Sie wirken resigniert, stumpf verzweifelt. Das ist alles, was ich sage. Ich schimpfe auch nicht wie diese spinnerten Querulanten (dasselbe wie Ja-Sager in grün) wahllos auf alles. Meine Meinung zur Pharmaindustrie und zum Staat hat Gründe und schon gar nicht nenne ich sie böse. Was ich ausdrücken wollte, war meine Verzweiflung darüber, dass keiner mit mir zusammen etwas machen will, ich allein kann auch mit guten Ideen, Idealen usw. nicht viel ausrichten. Dazu habe ich weder die Macht, noch die finanziellen Mittel. Wie die meisten Menschen. Ihre Chance ist die Stärke der Masse, aber in dieser Gesellschaft werden die Menschen ganz bewusst und gezielt isoliert; auch ein Grund, warum einige zu Drogen greifen übrigens. Es hat mich sehr getroffen, dass du mich in eine Reihe mit solchen Leuten stellst, denen es im Grunde nur um die Rechtfertigung ihres eigenen Verhaltens geht. Du wirst wohl lächerlich finden, was ich dem Stuttgarter geschrieben habe, gut, Skepsis schätz ich und trete den Beweis an.
Was den Mythos von den "harten" Drogen angeht: Jeder User sollte sich bewusst machen, dass JEDESMAL, WENN MAN DEN STOFF IN DER HAND HAT, DIE ENTSCHEIDUNG JA ODER NEIN ZU TREFFEN IST UND MAN DER EINZIGE IST, DER SIE TRIFFT.
Maxim: Schön, Leute in meinem Alter zu finden, die nicht komplett resignieren, obwohl der 20-Jährige hier dir bestimmt denselben Vorwurf hinsichtlich des Kiffens machen würde. Du liest die H-Rubrik, sagtest, du dachtest dran, es zu nehmen - darf ich fragen, woher dein Interesse für H kommt? Und ja, ich würde gern anderweitig mit dir Kontakt aufnehmen. Leider kann man hier keine E-Mail-Adressen dalassen, aber schau doch mal auf diese Seite hier: http://de.netlog.com/die_Anna_x3.
"Christiane F.": Hallo, du sagst also, deine Schwester kifft? Warum fürchtest du, dass sie anfangen wird, Heroin zu nehmen? Das sind zwei komplett verschiedene Sachen. Es gibt Millionen Kiffer aber nur einige Hunderttausend Menschen sind auf H. Die wenigsten kommen zum Heroin. Auf keinen Fall solltest du jedoch auf Abschreckung setzen. Das funktioniert nicht. Schon gar nicht in dem Alter. Christiane geriet, wie du weißt, in dem Alter in die Misere. Schon allein dadurch identifizieren sich vor allem 12-15-Jährige Mädchen mit ihr. Probleme gibt es in jeder Familie. Aber es ist, denk mal zurück, typisch für dieses Alter, zu glauben, völlig fest und ernsthaft anzunehmen, man sei allein und einzigartig damit, sich mit seinen Eltern zu streiten. Rebellion ist wichtig, Drogen sind gesellschaftlich nicht akzeptiert, also ist Fixen (Kiffen, Koksen, Pillen schmeißen etc.) rebellisch. Das ist alles geheimnisvoll und von Mythen umrankt, zum Kult erhoben und verdammt, vor allem ist es verboten, also genau die Art von Dingen, die Teenies magisch anzieht. Den Drogen zu verfallen hat eine gewisse Glorie und Romantik. Hier sind einige Gründe für den Christiane-F.-Effekt. Du solltest offen mit deiner Schwester reden, wenn du dir Sorgen machst, aber auf keinen Fall belehrend und naja, als die große Schwester auftreten. Sie könnte sich bevormundet und nicht ernst genommen fühlen und das könnte sie in ihrem Verhalten erhärten und erst richtig zu Problemen führen, während es jetzt vielleicht nur eine harmlose Probierphase ist, die wahrscheinlich von allein wieder aufhört. Sorgen solltest du dir machen, wenn sie an anderen Dingen das Interesse verliert, sich zurückzieht, verändert, frühere Hobbies aufgibt usw. Lass sie erstmal und schau, reagier nur nicht über und komm ihr nicht mit Horrorgeschichten, der Mensch denkt nämlich eh immer "mir passiert das nicht".
Liebe Grüße an euch, V.
Substanzen
- Heroin
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